Türkei entfernt sich von Europa

 19. Dezember 2014

Die politische Situation in der Türkei entwickelt sich seit geraumer Zeit in eine besorgniserregende Richtung.Die Politik Erdogans ist geprägt von unterdrückten Protesten, Korruptionsverdacht gegen AKP-Politiker, Massenverhaftungen von JournalistInnen, neue Gesetze, die mit europäischen Grundwerten nicht zu vereinbaren sind und die Missachtung von ArbeitnehmerInnenrechten und Gewerkschaften.

 

Pressefreiheit bedroht

 

Erst vor wenigen Tagen wurden bei einer landesweiten Razzia 24 regierungskritische JournalistInnen eingesperrt – unter anderem Ekrem Dumanlı, Chefredakteur der auflagenstärksten Zeitung Zaman.

Präsident Erdogan hat somit wieder der Presse einen Maulkorb verpasst! Ich verurteile diese Einschüchterungsmethoden auf das Schärfste und fordere die Freilassung aller zu Unrecht inhaftierten JournalistInnen. Europa muss hier eine unmissverständliche Antwort gegen die Einschränkung der Pressefreiheit liefern.

Hintergrund ist ein Machtkampf zwischen Erdogan und seinem ehemaligen Verbündeten Fettulah Gülen, der in den USA im Exil lebt und über eine große Anhängerschaft verfügt.

 

Soma

 

Ein halbes Jahr nach dem tragischen Minenunglück mit über 300 Toten wurden vor zwei Wochen 2800 Bergarbeiter per SMS gekündigt. Das Unternehmen, das auch die Unglücksmine betrieben hat, konnte die Löhne nicht mehr zahlen. Diese Vorgehensweise ist unerhört, denn hier werden ArbeitnehmerInnenrechte mit Füßen getreten. Die türkische Gewerkschaft fordert die Rücküberführung in die öffentliche Hand und Weiterbetrieb des Bergwerks, doch von der Regierung gibt es keinerlei Initiativen. In der Region gibt es so gut wie keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten. Wieder einmal wurden Gewinne privatisiert und die Verluste auf Kosten der Gesellschaft sozialisiert.

 

Prozess gegen Fußballfans

 

Im Zuge der Gezi-Proteste haben sich viele der „Carsi“ genannten Anänger von Besiktas Istanbul lautstark zu Wort gemeldet und Erdogan scharf kritisiert. Bei den Protesten, die die Polizei gewaltsam bekämpft hat, waren sie eine treibende Kraft. Damit wurden sie einerseits ein Symbol für den Widerstand gegen Erdogan, andererseits kamen sie auch ins Visier der Justiz. Allen Ernstes werden 35 Fans Umsturzabsichten vorgeworfen und der Prozess gemacht. Ihnen drohen lange Haftstrafen, der Staatsanwalt fordert sogar lebenslänglich. Diese Scheinprozesse dienen lediglich dazu, KritikerInnen mundtot zu machen.

Wir im Europäischen Parlament werden weiterhin aufmerksam bleiben und unablässig Rechtsstaatlichkeit, Presse- sowie Versammlungsfreiheit einmahnen.