Griechenland: Nur eine gemeinsame und langfristige Lösung ist sinnvoll

 10. Juli 2015

Inzwischen hat die griechische Regierung einen dritten Hilfsantrag über EUR 53,5 Mrd. EUR mit drei Jahren Laufzeit beim Europäischen Rettungsfonds eingereicht. Im Gegenzug hat die griechische Regierung ein Sparprogramm ausgearbeitet, welches nun von den Institutionen – EU-Kommission, EZB und IWF – überprüft wird. Vorgeschlagen wird von der griechischen Seite u.a. die  Anhebung des Pensionsalters auf 67 Jahre, die Kürzung der Verteidigungsausgaben um 300 Millionen Euro sowie die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes für Gastronomie und Hotels. Für Grundnahrungsmittel, Medikamente, Gas, Strom und Bücher soll der Mehrwertsteuersatz unverändert bleiben.  Die griechische Regierung verpflichtet sich in dem Sparprogramm auch, härter gegen Korruption, Steuerhinterziehung und Schmuggel vorzugehen.

 

Eine endgültige Entscheidung darüber, ob die Geldgeber den Reformvorschlag akzeptieren und einen neuen Kredit geben werden, wird am Sonntag beim EU-Sondergipfel entschieden.  Bereits am 20. Juli muss Griechenland 3,5 Milliarden Euro an Staatsanleihen tilgen, die von der EZB gehalten werden. Eine gemeinsame, vernünftige und langfristige Lösung zu finden ist sowohl für Griechenland als auch die gesamte Eurozone von entscheidender Bedeutung.

 

Mehr Zeit, mehr Investitionen

 

Ein erster Schritt muss ein Zahlungsaufschub für die diversen Kredite Griechenlands sein, wie ihn renommierte ÖkonomInnen von Thomas Piketty bis Heiner Flassbeck sowie viele GewerkschafterInnen fordern. Auch über eine Reduzierung der Schulden sollte sachlich und gründlich diskutiert werden

 

Gleichzeitig muss Griechenland genug Geld für dringend benötigte Investitionen zur Verfügung haben. Denn nur so kann es gelingen, die griechische Wirtschaft wieder anzukurbeln und auch neue Jobs entstehen zu lassen. Das bedeutet, dass die griechische Regierung einen neuen Hilfsantrag wird stellen müssen.

 

In den letzten fünf Jahren war Griechenland das Versuchslabor für eine fatale Austeritätspolitik, deren Folgen für die meisten ÖsterreicherInnen kaum vorstellbar sind (massive Kürzungen bei Renten und Löhnen, Zerstörung des Gesundheitssystems etc.). Die dadurch ausgelöste Abwärtsspirale muss endlich durchbrochen werden.

 

Solidarität statt Zynismus

 

In der Woche nach dem Referendum in Griechenland ist die Lage sehr angespannt. Das zeigte auch die Debatte im Europäischen Parlament, bei der der griechische Premier Alexis Tsipras anwesend war. Ein Tiefpunkt dabei war sicherlich die Rede von Manfred Weber, dem Fraktionsvorsitzenden der Europäischen Volkspartei. Jener Weber (CSU), der Victor Orban stets verteidigt, hatte für Tspiras nicht mehr als persönliche Attacken und zynische Polemik auf bayrischem Stammtischniveau übrig. Doch gerade in dieser entscheidenden Phase ist sicherlich keine Zeit für moralisierende Hardliner.

 

Dass diese Debatte im Europäischen Parlament stattgefunden hat war äußerst wichtig für den Einigungsprozess. Viele mussten ihre Egos zurückschrauben und sich auf das Wesentliche konzentrieren, nämlich darauf zu versuchen, diese Einigung auch tatsächlich zu erzielen. Alles andere wäre eine Katastrophe für die Menschen in Griechenland und schlecht für die gesamte Union.

 

Wir SozialdemokratInnen im Europäischen Parlament sind in dieser Diskussion eindeutig die Stimme der Vernunft und der Solidarität. Denn ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone oder gar der EU ist für alle von Nachteil. Persönliche Angriffe entfernen uns aber nur noch weiter von einer ohnehin schon schwierig zu erreichenden Einigung. Aber nur eine Vereinbarung, die einerseits akzeptabel für die Eurogruppe ist, und andererseits vor allem Griechenland eine sozial verträgliche Perspektive auf Wiederaufbau der Wirtschaft bietet, ist zielführend und entspricht den Werten unseres gemeinsamen Europas.