Die EU Kommission hat ihr Arbeitsprogramm für 2015 präsentiert. Kommissionpräsident Juncker folgte dem Ruf nach weniger, dafür aber besserer Regulierung und strich 83 laufende Gesetzesinitiativen. Im Gegenzug wurden 23 neue Gesetze angekündigt.
Ein straffes Programm, wenn man bedenkt, dass unter früheren Kommissionspräsidenten ein Vielfaches davon – nämlich bis zu 130 Initiativen – lanciert wurden. Projekte, bei denen Widerstand seitens des EU-Parlaments zu erwarten ist oder die als „politisch tot“ gelten, wurden zurückgezogen. So werden etwa die ungeliebten Gesetzespakete zur Liberalisierung der Bodenabfertigungsdienste auf Flughäfen oder die Regulierung von Saatgut fallengelassen.
Im Fokus des Arbeitsprogramms stehen Wachstum, Beschäftigung und Investitionen. Es braucht endlich glaubhafte und wirksame Maßnahmen, um die Realwirtschaft wieder in Schwung zu bekommen und Arbeitsplätze zu schaffen. Europa muss wieder auf einen Wachstumspfad zurückgeführt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, legt Juncker im ersten Quartal den Fokus auf seinen 315 Milliarden-Euro-Plan, um die Investitionsfalle, in der sich die EU befindet – die Investitionen in der EU liegen 370 Milliarden Euro unter dem vor der Krise verzeichneten Niveau – zu überwältigen. Noch ist nicht klar, ob der Investitionsplan den notwendigen Impuls liefern wird.
Im Kampf gegen Steuervermeidung und –hinterziehung bleibt Juncker vage – ein konkretes Aktionsprogramm gegen Steuerflucht fehlt. Weitere Untätigkeit, gerade im Hinblick auf Lux Leaks, werden wir SozialdemokratInnen nicht tolerieren. Studien zeigen, dass in der EU pro Jahr rund 1000 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung und -vermeidung verloren gehen. Geld, das zur Finanzierung der öffentlichen Investitionen fehlt.
Eine große Enttäuschung ist auch der Mangel an sozialpolitischen und sozialrechtlichen Initiativen. Im Arbeitsprogramm fehlt das klare Bekenntnis für den Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping. Eine Neufassung der Entsenderichtlinie ist überfällig.
Junckers Arbeitsprogramm ist weder Fisch noch Fleisch – die soziale Dimension von Vorhaben muss verstärkt berücksichtigt werden. Das Bekenntnis der EU-Kommission zu Qualitätsstandards von Arbeitsplätzen ist sehr oberflächlich. Gerade bei prekärer Beschäftigung und dem Schutz von ArbeitnehmerInnen erwarte ich mir mehr von einem Kommissionspräsidenten, der erst vor kurzem für ein sozialeres Europa geworben hatte.