SPÖ-Europaabgeordnete kritisiert Überprüfung der EU-Kommission von „Six-Pack“ und „Two-Pack“ als zu kurzsichtig und fordert Goldene Investitionsregeln
Die Europäische Kommission hat heute Vormittag ihre Beurteilung der wirtschaftspolitischen Steuerungspakete „Six-Pack“ und „Two-Pack“ im Plenum des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgestellt. „Die Kommission resümiert hier zu positiv. Zwar gibt es tatsächlich einen Defizitabbau in den EU-28, doch das liest sich nur auf Papier gut. Die Realität der anhaltenden Sparpolitik, die mit diesen Gesetzen einhergeht, sieht anders aus“, kritisiert Evelyn Regner, geschäftsführende Delegationsleiterin der SPÖ im EU-Parlament.
„Two-Pack“ trat 2013 in Kraft und ist ein Haushaltsüberprüfungsinstrument, das als Ergänzung zum umstrittenen „Six-Pack“ (seit 2011 in Kraft) gilt. Es ermöglicht der EU-Kommission, nationale Budgetentwürfe und wirtschaftspolitische Prioritäten der Mitgliedstaaten vorab zu prüfen. In ihrem Bericht beurteilt die EU-Kommission unter anderem die Maßnahmen zum Defizitabbau als positiv, da das durchschnittliche Defizit der EU-28 von 4,5 Prozent des BIP im Jahr 2011 auf rund drei Prozent im Jahr 2014 zurückging.
Bei der Beurteilung von Konsequenzen auf Wirtschaftswachstum und Beschäftigung sei die Kommission hingegen sehr zurückhaltend. „Natürlich ist der bisherige Beobachtungszeitraum ein kurzer, doch es scheint offensichtlich, dass die Austeritätsmaßnahmen in weiten Teilen der Union neues Wachstum und höhere Beschäftigung unmöglich machen“, kritisiert Regner, sozialdemokratische Sprecherin im Rechtsausschuss im EU-Parlament. Laut Prognosen werde die Arbeitslosigkeit der EU-28 auch 2016 noch bei über zehn Prozent liegen. „Das Hauptproblem ist der Mangel an öffentlichen Investitionen. Ich fordere schon lange eine Goldene Regel, die es den Mitgliedstaaten erlaubt, öffentliche Investitionen aus den Defizitregeln auszunehmen, um so vor allem in den Sozial- und Nachhaltigkeitsbereich investieren zu können“, betont die Abgeordnete.
„Ganz abgesehen von der schwächelnden Binnennachfrage sind auch Ungleichheit und das Armutsrisiko im Steigen“, so die SPÖ-EU-Abgeordnete. Regner verweist in diesem Zusammenhang auf das Scoreboard beschäftigungs- und sozialpolitischer Schlüsselindikatoren, das 2013 auf Drängen des EU-Parlaments als sozialer Beitrag zum Europäischen Semester beschlossen wurde. „Das Scoreboard soll anhand von Indikatoren wie etwa Langzeitarbeitslosigkeit oder Armutsquote Trends und Ungleichgewichte im sozial- und beschäftigungspolitischen Bereich frühzeitig ermitteln. Bereits fünf Mal hat die Kommission ein übermäßiges Ungleichgewicht festgestellt, doch formell hat sie das Verfahren nie ausgelöst“, so Regner.