Am Mittwoch hat das Europäische Parlament über CETA — das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada — abgestimmt. Aus unserer Sicht kam diese Abstimmung zu früh, denn bei CETA sind noch viele Fragen offen. Leider haben die CETA-Befürworter bestehend aus der Europäischen Volkspartei, den Konservativen und den Liberalen das Abkommen in aller Eile und ohne dem Parlament ausreichend Zeit zu geben, um Verbesserungen zu verhandeln abstimmen lassen. Sie haben die nötige Mehrheit, damit das Abkommen angenommen wurde. In der sozialdemokratischen Fraktion gab es verschiedene Meinungen zum Abkommen. Einigen Abgeordneten reichten die Verbesserungen, während andere — darunter auch wir SPÖ-Europaabgeordneten — dagegen gestimmt haben.
CETA stellt, was Arbeitsstandards und ArbeitnehmerInnenrechte betrifft, mit Sicherheit das bisher beste Freihandelsabkommen dar, das es jemals gab. Das ist auf das Engagement von sozialdemokratischen Regierungschefs wie Christian Kern und uns europäischen SozialdemokratInnen im EU-Parlament zurückzuführen. Trotzdem habe ich aus gewerkschaftlicher beziehungsweise Arbeitnehmerinnen-Sicht weiterhin Bedenken. Wir SPÖ-Europaabgeordnete haben bereits vor Jahren unsere roten Linien in Zusammenhang mit CETA festgelegt und offen kommuniziert. Einige davon sind:
– Keine Sonderbehandlung für Konzerne, sondern gleiche Gerichtsbarkeit für alle.
– Europäische Standards bei Arbeitsrecht und Umweltschutz erhalten und die Möglichkeit sichern, sie auch in Zukunft weiter verbessern zu können.
– Staatlichen Handlungsspielraum wahren und keine Einschränkung regulatorischer Kompetenzen demokratisch legitimierter Institutionen akzeptieren.
Da das CETA-Abkommen in der aktuellen Form diesen Anforderungen nicht gerecht wird, haben wir dagegen gestimmt. Es ist unsere gemeinsame SPÖ-Strategie auf allen Verhandlungsebenen jene Verbesserungen herauszuholen, die jeweils möglich sind. Es war für uns SPÖ-Europaabgeordneten daher immer klar, dass es darum geht, sich bis zuletzt für Verbesserungen bei dem CETA-Abkommen einzusetzen, aber dem Abkommen nicht zuzustimmen, wenn unsere Bedingungen nicht erfüllt werden. Doch die Verhandlungen sind damit nicht vorbei.
CETA tritt fürs Erste nur vorläufig in Kraft. Um die Ratifizierung abzuschließen, müssen noch alle 28 Parlamente der EU-Mitgliedsstaaten und mehrere Regionalparlamente dem Abkommen zustimmen – auch der österreichische Nationalrat. Darüber hinaus muss der Europäische Gerichtshof noch entscheiden, ob die Schiedsgerichtsbarkeit überhaupt mit dem EU-Recht vereinbar ist. Es bleibt also noch genug Zeit, um weitere Verbesserungen zu verhandeln insbesondere beim Schiedsgerichtssystem.
Klar ist aber: auch wenn CETA nicht das Gelbe vom Ei ist, bleibt Kanada ein wichtiger internationaler Partner für Europa. Uns verbindet mehr als dieses Freihandelsabkommen. Deshalb wurde am Mittwoch neben CETA auch ein strategisches Partnerschaftsabkommen zwischen den europäischen Staaten und Kanada beschlossen. Ich freue mich, wenn in Zeiten in denen Donald Trump als US-Präsident Nationalismus und Abschottung vorantreibt, die EU und Kanada, die so viele gemeinsame Werte teilen, ihre Zusammenarbeit intensivieren. Justin Trudeau hat am Donnerstag dann als erster Premierminister Kanadas vor dem Europäischen Parlament gesprochen.