Gf. SPÖ-EU-Delegationsleiterin: „Investigativer Journalismus muss auch künftig möglich sein“
Heute Vormittag wurde im Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments in Brüssel über die EU-weite Neuregelung von Geschäftsgeheimnissen abgestimmt. Die geschäftsführende SPÖ-EU-Delegationsleiterin Evelyn Regner, europaweite Sprecherin der Sozialdemokraten (S&D) im Rechtsausschuss, sagt:
„Geschäftsgeheimnisse wie Methoden, Verfahren, Formeln oder Bezugsquellen sind für Unternehmen ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Wir SozialdemokratInnen achten bei der Überarbeitung der EU-Regeln zu Geschäftsgeheimnissen aber insbesondere darauf, dass die Balance gewahrt bleibt. Unter dem Deckmantel der Verhinderung von Wirtschaftsspionage darf kein EU-weiter Angriff auf Beschäftigte, BetriebsrätInnen, JournalistInnen und Whistleblowern vorgenommen werden.“
In der Abstimmung des Rechtsausschusses konnte diesbezüglich von sozialdemokratischer Seite einiges erreicht werden. Regner: „Wir haben vor allem durchgesetzt, dass die im Arbeitsalltag erworbenen Fähigkeiten Beschäftigter nicht als Geschäftsgeheimnis zu werten sind. Das hätte sonst zu Schwierigkeiten bei der Jobsuche geführt. Außerdem muss es BetriebsrätInnen auch künftig erlaubt sein, dass sie ihre Pflichten gegenüber der Belegschaft nachkommen und die ArbeitnehmerInnen über wichtige Vorgänge im Unternehmen informieren dürfen.“
Auf den ersten Blick geht es in der neuen Richtlinie um den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung, den Schutz der berechtigten Interessen von Unternehmen. Die Tücke liegt aber im Detail. Betrachtet man den Vorschlag näher, kann er durchaus als Einfallstor dienen, um die Grundrechte auf Meinungsäußerung und Pressefreiheit einzuschränken.
„Einzelne Berufsgruppen brauchen aber besonderen Schutz. So muss ein investigativer Journalismus, der etwa Steuertricks von Konzernen aufdeckt, weiter möglich sein. Whistleblower haben nicht die Schädigung ihres Arbeitgebers im Sinn, sondern vorherrschendes Motiv ist das Wohl der Allgemeinheit. Ohne Whistleblower wäre beispielsweise der Gammelfleisch-Skandal in Deutschland nicht aufgedeckt worden. In Bezug auf Whistleblower waren die Verhandlungen mit der Volkspartei sehr schwierig. Es konnte aber letztlich ein guter Kompromiss erzielt werden. Im Sinne eines öffentlichen Interesses – dazu zählen konkret die öffentliche Sicherheit, KonsumentInnenschutz, öffentliche Gesundheit und Umweltschutz – wird es Abwägungen gegenüber dem Geschäftsgeheimnis geben“, erläutert SPÖ-Europaabgeordnete Evelyn Regner.