Viel Schatten und ein bisschen Licht in der Türkei

 22. Mai 2015

Am 13. Mai jährte sich der schwere Gruben-Unfall in Soma, bei dem über 300 Bergleute ihr Leben verloren haben. Seit dem hat sich wenig Gutes getan.

 

Gleichzeitig wurde im Europäischen Parlament der Fortschrittsbericht der Türkei für 2014 mit viel Kritik versehen und heftig diskutiert.

 

Viele Tote, keine Konsequenzen

 

Seit dem schwersten Gruben-Unfall der türkischen Geschichte ist einiges passiert – leider vor allem Negatives: Nicht nur, dass die Aufklärung des Unfalls massiv behindert wird, es wurde auch mittlerweile 2800 Bergarbeitern per SMS gekündigt. Es gibt zwar mehrere Angeklagte, diese erscheinen jedoch einfach nicht vor Gericht. Kurzum: Es gibt bis jetzt keine rechtlichen Konsequenzen für die Verantwortlichen.

Auf der Haben-Seite kann die Türkei immerhin verbuchen, das ILO Übereinkommen Nr. 176über den Arbeitsschutz in Bergwerken im vergangenen Dezember unterzeichnet zu haben. Dennoch bin ich sehr besorgt über die Entwicklungen: Denn immer noch ist die Türkei eines der Länder mit den meisten tödlichen Arbeitsunfällen. Besonders empörend finde ich auch den kontinuierlichen Anstieg an Kinderarbeit. Derzeit arbeiten in der Türkei ca. 800.000 Kinder zwischen 6 und 17 Jahren.

 

Fortschrittsbericht mit Rückschritten

 

Der Bericht untersucht Fortschritte bei den Bemühungen von EU-Beitrittskandidaten und kann Empfehlungen aussprechen, weitere Verhandlungskapitel zu eröffnen – oder auch nicht.

Der Türkei-Bericht für 2014, verfasst von der Sozialdemokratin Kati Piri, kritisiert die türkische Regierung in vielen Bereichen: etwa wegen der Einschränkung der Meinungs- und der Pressefreiheit, die stark zunehmende Polarisierung der Gesellschaft oder auch wegen des Umgangs mit Minderheiten.

Andererseits werden auch den Fortschritten in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, insbesondere im Energiesektor, Rechnung getragen – ebenso wie den vorbildhaften Bemühung bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Die Abstimmung über den Bericht wird in der Plenarsitzung im Juli erfolgen.

 

Zu viel Schatten

 

Angesichts dieser Entwicklungen kann ich nur feststellen, dass sich die Türkei in den letzten Jahren in vielen Bereichen völlig falsch entwickelt. Die Einschränkung von Grundrechten und speziell von ArbeitnehmerInnenrechten hat nicht hinnehmbare Dimensionen erreicht. Ich werde die türkischen KollegInnen und die Gewerkschaften natürlich weiterhin unterstützen. Es bleibt zu hoffen, dass sich der internationale Druck auch in der türkischen Regierung bemerkbar macht.