Versäumnisse in der Pflege müssen jetzt aufgeholt werden!

 7. September 2022

Pflegestrategie der EU-Kommission steht auf dem Prüfstand

Wien (OTS/SK) – Heute präsentiert die Europäische Kommission eine europäische Pflegestrategie, die einerseits Empfehlungen für Langzeitpflege vorsieht und andererseits die Kinderbetreuungsmöglichkeiten verbessern will. Das Europäische Parlament hatte diesbezüglich und zum Thema „Care“ bereits im Juli Forderungen an die Kommission gestellt. Vize-Präsidentin des Europäischen Parlaments Evelyn Regner erhofft sich jetzt eine Umsetzung dieser Forderungen: „Pflege ist ein Thema, das jeden im Laufe seines Lebens betrifft, ein Thema, dem wir uns dringend als Gesellschaft widmen müssen. Denn die Missstände in der Pandemie haben nur sichtbar gemacht, was bereits seit langer Zeit Realität ist: Es fehlt an Personal, um angemessene Pflege und Betreuung für alle zur Verfügung zu stellen! Daher fordern wir einen attraktiveren Arbeitsrahmen, um die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte endlich aufzuholen. Dafür brauchen wir eine bessere Bezahlung, deutlich bessere Bedingungen und angemessenere Arbeitszeiten, um die Beschäftigten in Care-Berufen auch halten zu können. Der Finger muss insbesondere dort in die Wunde gelegt werden, wo die Arbeitsverhältnisse oft besonders prekär sind, wie bei den ,Live-in Carers‘ bzw. den Pflegenden ohne rechtliche und soziale Absicherung durch einen Arbeitsvertrag.“ ****

Die SPÖ-Politikerin sagt: „Unter den bedenklichen Verhältnissen in der Pflege leiden insbesondere Frauen: 2019 waren 90% der professionellen Pflege- und Betreuungskräfte weiblich. Zugleich sind über 7 Millionen Frauen in der EU aufgrund von informellen Betreuungs- und Pflegeaufgaben bei Kindern und Angehörigen nicht erwerbstätig und wurden in der Pandemie noch mehr von dieser Rolle in Anspruch genommen. Die Folgen sind mehr Teilzeitarbeit bzw. die Übernahme von mehr informeller Care-Arbeit. Das führt zu einem immer stärker wachsenden ,Gender Pay Gap‘, geringeren Pensionsansprüchen und somit Altersarmut und Problemen, die eigene Pflege im Alter zu bezahlen. Es ist essentiell, die Pensionsansprüche und einen Finanzausgleich für Frauen sicherzustellen, die Care-Arbeit im privaten Bereich leisten und diese wichtige, körperlich und mental anstrengende Arbeit fair zu entlohnen. Mit dem ,Equal Carer-Equal Earner Model‘ müssen Stereotypen aufgebrochen und Männer genauso für diese wichtige Branche gewonnen werden. Gleichzeitig muss durch die Überarbeitung der Barcelona-Ziele ein Betreuungsanspruch für Kinder unter drei Jahren durch qualifiziertes Personal gewährleistet werden – das ermöglicht einen leichteren Berufseinstieg nach der Karenz und wirkt geschlechterbedingten Lohnunterschieden entgegen. Gleichzeitig muss der Kindergarten als erste Bildungseinrichtung gestärkt werden.“

„Wegen ihres geringen Einkommens treffen die nun explodierenden Energiepreise diese Systemerhalter*innen unverhältnismäßig. Wir als Gesellschaft müssen denen, die unser System am Laufen halten endlich die Anerkennung geben, die sie verdienen – und zwar mit deutlich mehr als nur Applaus!“, so Regner.