SPÖ-EU-Delegationsleiterin fordert österreichisches Finanzministerium zu Stellungnahme gegenüber EU-Parlament auf
Heute Vormittag nahm EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im Steuer-Sonderausschuss des Europäischen Parlaments (TAXE) zu LuxLeaks Stellung. SPÖ-EU-Delegationsleiterin Evelyn Regner, Mitglied im TAXE-Sonderausschuss, zu Juncker: „Seine Ansagen waren wichtig und längst überfällig. Dass Gewinne von Unternehmen in jenen Ländern versteuert werden, wo die Wertschöpfung erfolgt, war eine langjährige Forderung von uns SozialdemokratInnen. Ebenso ist sein Ziel, die Steuerpolitik für Wachstum und Beschäftigung in Europa zu nutzen, natürlich sehr in unserem Sinne. Jetzt geht es aber darum, diesen wohlmeinenden Worten konkrete Taten folgen zu lassen.“
Österreich ist mit heutigem Stand neben Bulgarien, Dänemark, Zypern und Slowenien eines von fünf EU-Ländern, das auf Fragen des TAXE-Sonderausschusses nicht reagiert hat. Regner: „Das österreichische Finanzministerium ist dringend aufgefordert, endlich Stellung gegenüber dem EU-Parlament zu beziehen. Wir brauchen Aufklärung und ein Bewusstsein dafür, dass ‚kreative Steuerpraktiken‘ letztlich uns allen zu viel kosten. Es darf hier kein ‚business as usual‘ geben.“
Die SPÖ-Europaabgeordnete fordert von der EU-Kommission eine rasche Umsetzung für mehr Steuergerechtigkeit in Europa. „Wir SozialdemokratInnen fordern die Einführung von Kriterien, wann organisierte Steuervermeidung zu Steuerhinterziehung wird. In diesem rechtlichen Graubereich müssen wir Licht ins Dunkel bringen. Erst diese Woche haben neue Recherchen der deutschen Wochenzeitung ‚Die Zeit‘ ergeben, dass Apple mit seinem iPhone europaweit in den Jahren 2010 bis 2014 rund acht Milliarden Euro zu wenig Steuern bezahlt hat“, so Regner. Eine konkrete Umsetzung könnte auch mithilfe des Beihilfenrechts erfolgen. Es wird derzeit nach wie vor als staatlich organisiertes Steuerdumping eingesetzt. Regner: „Bestimmte Praktiken könnten und sollten hier für illegal erklärt werden.“ Wichtiges Ziel ist außerdem auch eine einheitliche Bemessungsgrundlage bei der Körperschaftssteuer für Unternehmen.
Regner ist die länderweise Berichtspflicht („country-by-country-reporting“) ein besonders wichtiges Anliegen. „Wir haben im Europäischen Parlament hier bereits eine Mehrheit für mehr Transparenz erzielen können. Unternehmen und Staaten müssen demnach offenlegen, wer wie viel bzw. wie wenig Steuern zahlt. Große Konzerne kommen damit in Erklärungsnot gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie Beschäftigten. Ich fordere hier angemessene Sanktionen bei Missachtung der Vorschriften. Reine Freiwilligkeit bringt uns kaum weiter.“ Am 30. September sollen zur länderweisen Berichtspflicht die Trilogverhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission beginnen.
Im TAXE-Sonderausschuss, der seit Februar tagt, haben mehrere große Unternehmen trotz umfangreicher Lobbyingbüros in Brüssel ein Kommen im Ausschuss verweigert. „Wir planen hier ein sogenanntes ’naming and shaming‘. Konkret sollen also all jene Unternehmen und Organisationen im Bericht explizit genannt werden, die einer Einladung nicht gefolgt sind, etwa IKEA. Dies soll auch bis zum Entzug der Lobby-Badges und damit dem Zugang zum Europäischen Parlament erfolgen“, plant Regner. Unternehmen kooperieren in Steuerfragen vor allem mit den großen vier Wirtschaftsprüfern (PwC, Deloitte, Ernst&Young sowie KPMG).
Regner: „Sie haben großen Schaden mitverursacht. In Zukunft sollen sie zumindest in von der EU-Kommission eingesetzten ExpertInnen-Gruppen in Steuerfragen ausgeschlossen werden. Schon jetzt hat sich gezeigt, dass vor allem NGOs, Whistleblower, JournalistInnen-Netzwerke und Gewerkschaften die meiste inhaltliche Arbeit zur Aufarbeitung der Steuerskandale geleistet haben. Sie müssen in ihrer Arbeit unterstützt werden.“ Whistleblower sollen außerdem einen besonderen rechtlichen Schutz genießen.
INFO: Zwischenbericht des TAXE-Ausschusses mit Übersicht über verweigerte Auskunft auf den letzten Seiten:
http://tinyurl.com/pehjhwl