Rede zur Lage der Union – Karas und Regner vermissten soziale Frage

 14. September 2022

Edtstadler sieht in Rede „wichtige Impulse“ – Vana: Bildung einer „wirksamen Sozialunion“ Gebot der Stunde – Gamon warnt vor nationalen Alleingängen

Die Rede zur Lage der Union von Ursula von der Leyen stößt bei österreichischen EU-Politikern grundsätzlich auf Wohlwollen. Der Erste Vizepräsident des EU-Parlaments (EP), Othmar Karas (ÖVP), und die EP-Vizepräsidentin, Evelyn Regner (SPÖ), vermissten allerdings Antworten auf die soziale Frage. Die Herausforderungen benannte die EU-Kommissionschefin laut Karas „alle richtig“, die sozialen Auswirkungen der hohen Energie- und Lebensmittelpreise waren aber „zu wenig dominant“.

„Es steht außer Streit, dass wir vor der größten Herausforderungen seit 1945 stehen“, sagte Karas am Mittwoch bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit Regner im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine, aber auch auf die stark gestiegenen Energiepreise. Mit einer Einzelmaßnahme werde die Krise nicht gelöst werden, betonte der ÖVP-Politiker weiter. Er begrüßte die auf dem Tisch liegenden Vorschläge der EU-Kommission, wie etwa die Übergewinnabgabe von Energieunternehmen.

Karas fordert von der EU nun „schnelles und entschlossenes“ Handeln – auch in Sachen Konferenz zur Zukunft Europas. Die EU brauche einen „demokratiepolitischen Innovationsschub“, betonte er. Mit dem Prinzip der Einstimmigkeit bei Entscheidungen der EU-Staaten müsse „Schluss“ sein.

„Die EU-Kommission hat Gutes vorgeschlagen, aber sie unterschätzt die sozialen Folgen“, und das sei dort, wo der russische Präsident Wladimir Putin „reingrätscht“, erklärte Regner. Ihrer Ansicht nach müsste „massiv“ in den Energiemarkt eingegriffen und „soziale Verwerfungen“ sollten stärker bekämpft werden. Zudem forderte die Sozialdemokratin eine höhere Besteuerung von Vermögen.

Für Europaministerin Karoline Edstadler (ÖVP) gab von der Leyen in ihrer Rede „wichtige Impulse“. In Bezug auf die Ukraine rief Edtstadler in einer Aussendung in Erinnerung: „Die Ukraine verteidigt unsere europäischen Werte.“ Auch sei die Entkoppelung von Strom- und Gaspreis „mehr als notwendiger Schritt“, erklärte Edtstadler weiter. Zudem begrüßte die ÖVP-Ministerin die Vorschläge der EU-Kommission in Sachen Fachkräftemangel. Schlussendlich betonte sie, die Stärke der EU liege in ihrer Einigkeit.

„Die Europäische Union befindet sich in einer kritischen Lage“, sagte die grüne Delegationsleiterin im EU-Parlament, Monika Vana, laut Aussendung vor der Rede. „Angesichts der alarmierend steigenden Lebenshaltungskosten in allen EU-Mitgliedstaaten ist die Bildung einer wirksamen Sozialunion das Gebot der Stunde“, forderte auch sie. Ihr Parteikollege Thomas Waitz begrüßte die Kommissionsvorschläge zur Bekämpfung der hohen Energiepreise als „erste Schritte in die richtige Richtung“.

Die Neos-EU-Abgeordnete Claudia Gamon begrüßte ebenfalls das „Maßnahmenpaket der EU-Kommission, allen voran die verbindlichen Ziele zu den Energiesparmaßnahmen“. Gleichzeitig warnte Gamon vor nationalen Alleingängen sowie vor einem Ausbremsen von Investitionen in erneuerbare Energien. Die liberale EU-Politikerin hätte sich zudem einen Vorschlag zu einem Preisdeckel auf russisches Gas gewünscht.