Protestbrief an die Bundesregierung – UN Migrationspakt

 7. Dezember 2018

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler
sehr geehrter Herr Vizekanzler,
geschätzter Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft!

Brüssel, am 7. Dezember 2018

Als Abgeordnete zum Europäischen Parlament und Fraktionsführer von ALDE (Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa) nehmen wir mit großem Bedauern zur Kenntnis, daß Sie einmal mehr Ihrer Rolle als Vermittler und Mediator während der EU-Ratspräsidentschaft nicht gerecht werden.

Der UN-Migrationspakt (und in weiterer Folge auch der UN-Flüchtlingspakt) ist ein essentielles Instrumentarium, um auf multilateraler Ebene Migrationsströme zu koordinieren, bei der Ursachenbekämpfung zusammen zuarbeiten (Stichwort Klimawandel) und Arbeitsmigrant_innen vor Ausbeutung zu schützen.

Wie alle UN-Vereinbarungen ist es ein starkes Zeichen von weltweiter Zusammenarbeit und Multilateralismus, die globalen Problemstellungen gemeinsam in Angriff zu nehmen. Migration hört eben nicht an der Grenze auf, Migration ist nicht als Bedrohung für die Menschheit anzusehen sondern stellt ein jahrhundertelanges Phänomen dar, daß aufgrund der UNO nun auch die Einhaltung von Menschen-, Freiheits- und Grundrechte einschließt.

Österreich ist einer der drei weltweiten UNO-Standorte – seine Rolle innerhalb der UNO war immer hochgeschätzt: vor allem als Vermittler und diplomatischer Mediator.

Es ist daher mehr als bedauerlich, daß ausgerechnet unter der österreichischen EURatspräsidentschaft aus reinem innenpolitischen und populistischen Kalkül dieser Pakt von Österreich nächste Woche in Marrakesch nicht unterzeichnet werden soll. Und daß offensichtlich Österreichs negative Haltung für andere EU-Mitgliedsstaaten Anlaß war, diesem Beispiel zu folgen.

Der deutsche Bundestag hat mit überwältigender Mehrheit für die Unterzeichnung des UNOMigrationspaktes gestimmt. Die größte Volkswirtschaft der EU erkennt offenbar die Wichtigkeit eines solchen multilateralen Übereinkommens.

Wir appellieren daher nochmals nachhaltig an Sie als Ratsvorsitz, Ihre ursprüngliche Haltung zu überdenken und der Jahrezehnte langen Rolle Österreichs als neutraler politischer Vermittler und UNO-Botschafter gerecht zu werden. Überzeugen Sie die anderen EU-Mitgliedsländer von der Notwendigkeit der symbolstarken Unterzeichnung des Paktes und schreiten Sie mit positivem Beispiel voran!

Lassen Sie daher ihre politische Vernunft walten, die längerfristig strategisch ausgerichtet ist.

Migration kann nur global behandelt und gelöst werden – so wie der Klimaschutz.

Mit der dringenden Bitte um Überdenken Ihrer Position
verbleiben wir

Hochachtungsvoll

Angelika Mlinar
Evelyn Regner
Guy Verhofstadt
Josef Weidenholzer
Michel Reimon