Diese Woche hielt Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker seine letzte Rede zur „Lage der Union“ im Europaparlament in Straßburg. Juncker ist zweifellos ein großer Europäer, der dabei das Miteinander aller Mitgliedstaaten im Blick hat und für eine starke Union kämpft. Seine diesjährige Rede ist auch ein Appell an die österreichische Ratspräsidentschaft, Solidarität in der Migrationsfrage dauerhaft zu organisieren, statt immer nur der nächsten Überschrift im Boulevard hinterherzujagen.
Juncker hat aber auch vor allem auf eines hingewiesen: Wir müssen die kommenden Monate nutzen, um den EuropäerInnen etwas zu liefern. Dafür hat er meine volle Zustimmung. Anstatt schon mit verfrühten Wahlkämpfen zu beginnen, müssen alle in den Turbogang kommen, damit wir die Versprechen einlösen. Dazu gehört, dass Konzerne ihre Steuern zahlen – egal ob Würstelstand oder Onlineriese. Bei der Digitalsteuer muss endlich der Durchbruch gelingen. Wir im EU-Parlament haben gemeinsam mit der Kommission schon unsere Aufgaben erledigt. Wir haben ein umfassendes Paket für Steuergerechtigkeit vorgelegt, also Steuertransparenz, EU-Körperschaftssteuer und die digitale Betriebsstätte. Der Ball liegt jetzt bei den Mitgliedsstaaten. Der österreichische Ratsorsitz macht aber bisher lieber Politik für die Konzerne als für die SteuerzahlerInnen. Steuergerechtigkeit in Europa werden wir deswegen nur erreichen, wenn es keine Einstimmigkeit im Rat mehr gibt. Deswegen muss Junckers Vorschlag zur Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzip bei Steuerfragen so schnell wie möglich umgesetzt werden.
Leider hat Kommissionspräsident Juncker einmal wieder auf die sozialen Fragen vergessen. Europa wird sozial sein, oder es wird nicht sein. Mit der Kindergarantie soll jedes Kind in Europa Zugang zu kostenloser Gesundheitsversorgung, Bildung und Betreuung, menschenwürdiger Unterkunft und angemessener Ernährung haben. In Österreich lebt etwa jedes fünfte Kind in Armut, es reicht also nicht einmal das Geld für die Schuljause. Das ist ein klarer Handlungsauftrag für die Europäische Union. Vor allem wenn wir sehen, wie in Österreich Sozialabbau betrieben wird – etwa mit der 60-Stunden-Woche – braucht es ein starkes europäisches Netz, das diese Politik abfängt!
Juncker liebt Europa vielleicht, aber ihr könnt euch auf eines verlassen: Wir SozialdemokratInnen kämpfen für ein Europa zum Verlieben!