EU-Parlament untersucht dubiose Steuerpraktiken

 8. April 2015

Die sozialdemokratische Urforderung – Konzerne müssen ihre Gewinne dort versteuern, wo sie erwirtschaftet werden – wird mittlerweile von fast allen Parteien geteilt. Denn es ist längst klar, dass Steuerhinterziehung und -vermeidung ein inakzeptables Ausmaß erreicht hat: 1000 Milliarden Euro gehen den EU-Mitgliedstaaten jährlich verloren. Gleichzeitig hinkt vielerorts die Wirtschaftsleistung und Sparmaßnahmen treffen die Schwächsten der Gesellschaft am härtesten. Diese gespaltene Situation ist unwürdig und schwächt die Prinzipien des Europäischen Projekts zunehmend.

 

In der Europäischen Union darf es keinen Platz für staatlich organisierte Steuervermeidung geben. In diesem Sinne wird der Sonderausschuss zu Steuerabsprachen und Maßnahmen ähnlicher Art oder mit vergleichbaren Folgen (TAXE) Licht ins Dunkel bringen und nebulöse Steuerpraktiken aufarbeiten, mit dem Ziel, Steuerdumping künftig zu verunmöglichen. Als Mitglied des TAXE-Ausschusses ist es mir besonders wichtig, zu klären, inwieweit einige Mitgliedstaaten aktiv dazu beigetragen haben, dass Konzerne ihre Gewinne durch komplexe Unternehmensstrukturen verlagern konnten und kaum Steuern abführen mussten.

 

 Gewinne dort besteuern, wo sie erwirtschaftet werden

 

Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici hat angekündigt, im Juni einen Aktionsplan zu Körperschaftssteuer vorzulegen. Er verleiht der ursozialdemokratischen Forderung erneut Nachdruck, dass Unternehmensgewinne dort besteuert werden sollten, wo sie erwirtschaftet werden: die Transparenz im Unternehmenssteuerbereich soll verbessert werden, um dadurch den Bezug zwischen Ort der Besteuerung und dem Ort der wirtschaftlichen Tätigkeit wieder herzustellen und auf effektive Weise gegen Steuervermeidung vorzugehen.

Sonderbehandlungen für Amazon, Starbucks, Apple und Co. sind eine Provokation und zutiefst unethisch – gegenüber Unternehmen, die ihre Steuern brav bezahlen und vor allem gegenüber den ArbeitnehmerInnen, die gar nicht erst die Möglichkeit zu dieser Art von Steuervermeidung haben.

 

Informationsaustausch als Grundstein notwendig

 

Den Mitgliedstaaten fehlt es an Informationen bezüglich des Effekts von ausländischen Steuersystemen auf ihr eigenes Steuersystem. Dies bedeutet auch, dass Gesetzeslücken zwischen nationalen Steuersystemen unerkannt bleiben und dazu genutzt werden, den eigentlich geschuldeten Steueranteil mit Hilfe von aggressiven Planungstechniken nicht zu entrichten. Genau das wird im TAXE- Ausschuss im EU-Parlament diskutiert.

 

Ein wichtiger Vorschlag aus dem Transparency Package ist der „Vorschlag für einen automatischen Austausch von Informationen zwischen Mitgliedstaaten zu Steuervorbescheiden“: Steuervorbescheide sind nichts illegales an sich; doch Probleme entstehen dann, wenn Steuervorbescheide erteilt werden, die aggressive Steuerplanungstechniken ermöglichen oder sogar dazu anleiten. Ein Beispiel: Steuervorbescheide, die eine niedrige Gewinnbesteuerung in einem Mitgliedstaat ermöglichen, können Anreize bieten, künstlich Gewinne dorthin zu verlagern und damit zu einer Aushöhlung der Steuerbasis in anderen Mitgliedstaaten führen. Der Vorschlag der Kommission verlangt, dass nationale Steuerbehörden alle drei Monate einen kurzen Bericht an alle anderen Mitgliedstaaten zu Steuervorbescheiden senden müssen, die Auswirkungen in anderen Mitgliedstaaten haben können. Die erhöhte Transparenz durch diesen automatische Austausch soll Gruppendruck auf Mitgliedstaaten erzeugen, ihre nationalen Steuerpraktiken anzupassen. Das soll ihnen auch erlauben, Maßnahmen gegen schädliche Steuerpraktiken zu ergreifen, die in anderen Mitgliedstaaten Anwendung finden.

 

Unsere Forderungen zum Steuertransparenz-Paket sind folgende:

 

Das zentrale Register mit den Informationen zu den Steuerdeals mit den Unternehmen muss öffentlich zugänglich sein.

 

Zudem sollte ein Sanktionsmechanismus eingeführt werden, wenn es die Mitgliedstaaten versäumen, ihrer Informationspflicht nachzukommen