Eine 9-monatige Bewährungsstrafe, ein Bußgeld in Höhe von 1.000 EUR und ein symbolischer Schadensersatz von einem Euro an PricewaterhouseCoopers. Dies wurde Raphael Halet von einem luxemburgischenBezirksgericht zugesprochen. Das Urteil ist eine Schande. Mutige AufdeckerInnen wie er sollten vielmehr einen Orden bekommen, zumindest aber das Recht auf ihren Arbeitsplatz und finanzielle Absicherung behalten und nicht vor den Gerichten landen. Ohne diese Personen hätte die Öffentlichkeit nie von den globalen Steuertricksereien diverser multinationaler Konzerne, Wirtschaftsprüfergesellschaften, Anwaltskanzleien und Banken erfahren. Jene miesen Tricks wären unter den Teppich gekehrt worden und die europäischen BürgerInnen hätten in den letzten 18 Monaten nicht die wichtigen Debatten und die Fortschritte gesehen, die wir erreicht haben.
Daher veranstaltete die S&D eine Konferenz, um gemeinsam mit EntscheidungsträgerInnen und Betroffenen an der Umsetzung eines Legislativ-Vorschlags zum Schutz von WhistleblowerInnen zu arbeiten.
Raphael Halet hat bei der Konferenz seine persönliche Geschichte erzählt: Mich persönlich hat besonders betroffen, dass er sich alleingelassen fühlt. Alleingelassen von der Gesellschaft, von dem französischen Staat. Er musste sogar sein Auto verkaufen, um die horrenden Anwaltskosten bezahlen zu können. Aber er ist nicht alleine. Wir SozialdemokratInnen geben nicht auf, bis wir einen angemessenen Schutz für ihn und seine KollegInnen erreicht haben.
Unsere demokratische Gesellschaft braucht mutige und tapfere AufdeckerInnen. Sie riskieren ihr eigenes Leben, ihren guten Ruf, ihre wirtschaftliche Existenz und ihre Freiheit. Diverse Enthüllungen haben grenzüberschreitende, meist globale Effekte. Auf europäischer Ebene existiert derzeit kein einheitlicher Schutz von WhistleblowerInnen, obwohl das von der Europäischen Kommission im Zuge des Korruptionsberichts schon im Jahr 2014 gefordert wurde. Lediglich in einzelnen Mitgliedsstaaten wurden teilweise schon legislative Regelungen umgesetzt.So konnten wir bei der Konferenz den Erfahrungsaustausch mit Frankreich, Irland und England nutzen, um unsere Positionen zu schärfen. WhistleblowerInnen müssen vor allem eins: Sich sicher fühlen. Sie dürfen nicht verfolgt werden und müssen auch ganz klar darüber informiert werden, was sie tun dürfen und was nicht. Der Schutz des Arbeitsplatzes und die Entschädigung für anfallende Kosten sind hier wichtige Themen. Im EU-Recht muss als erster Schritt der Schutz vor Strafverfolgung festgeschrieben werden. Menschen sollen dazu ermutigt werden, Informationen über Unrechtmäßigkeiten an die Öffentlichkeit weiterzugeben.
Bei der Konferenz führte der österreichische Falter-Investigativjournalist Josef Redl einen weiteren wichtigen Punkt an: Nicht nur WhistleblowerInnen, auch JournalistInnen müssen geschützt werden. Hier geht Österreich mit guten Beispiel voran: Die Weitergabe von Informationen ist straffrei, wenn diese unter öffentliches Interesse fallen.
Um WhistleblowerInnen zu bestärken ist es aber auch notwendig, dass die Informationen auch zu politischen Taten führen. Es kann nicht sein, dass Menschen ihre Existenz gefährden indem sie Informationen veröffentlichen, die Politik aber nicht reagiert. Hier sind wir EU-Abgeordneten gefragt. Im Panama-Untersuchungsausschuss wollen wir den Kampf gegen Steuertrickserei auf eine weitere Ebene setzen und haben uns zum Ziel gesetzt, Steuerschlupflöcher endgültig zu schließen. Gewinne müssen dort besteuert werden, wo sie anfallen. Multikonzerne müssen endlich zur Verantwortung gezogen werden und nicht jene, die so mutig waren, uns mit ihren Informationen das politische Werkzeug zuliefern.
Ich erwarte mir, dass die Kommission noch im Jahr 2017 einen Legislativvorschlag zum Schutz von WhistleblowerInnen auf den Weg bringt. Dazu hat das Parlament schon viel Vorarbeit geleistet. Am Montag soll in Straßburg der CRIM Bericht (Korruptionsbekämpfung) beschlossen werden, der sowohl in der EU als auch darüber hinaus die Einrichtung eines angemessenen Schutzes von WhistleblowerInnen einfordert. Was schon von der Barroso-Kommission 2014 – noch vor Lux Leaks, Panama Leaks und Bahamas Leaks – gefordert wurde, muss jetzt endlich umgesetzt werden. Das Momentum ist da, wir brauchen nur den politischen Willen um diejenigen zu schützen, die Missstände im öffentlichen Interesse aufdecken.
Links:
Mein Statement bei der heutigen Konferenz: https://www.facebook.com/evelyn.regner/?ref=aymt_homepage_panel
Unterzeichne die Petition zum Schutz von WhistleblowerInnen: http://whistleblowerprotection.eu/