Entscheidung des US-Höchstgerichts hat fatale Signalwirkung für die ganze Welt – Zugang zu Abtreibung muss in EU-Grundrechtecharta
Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Evelyn Regner, zeigt sich erschüttert nach der Entscheidung des US-Höchstgerichts vom letzten Freitag zur Aufhebung der „Roe v. Wade“-Grundsatzentscheidung. Diese sicherte Frauen das verfassungsmäßige Recht, selbst über die Fortführung einer Schwangerschaft zu entscheiden. In 13 Bundesstaaten ist damit umgehend ein restriktives Abtreibungsverbot in Kraft getreten. Regner: „Das ist einer liberalen Demokratie im 21. Jahrhundert unwürdig. Die gesellschaftliche Spaltung in den USA spitzt sich noch weiter zu, Opfer sind die Grundrechte und die Gesundheit sowie das Leben von Frauen. Ich stehe an der Seite aller, die jetzt für das Recht von Frauen über ihren eigenen Körper zu entscheiden, auf die Straße gehen: Ihr habt meine uneingeschränkte Solidarität. Vergessen wir nicht, wen diese Entscheidung in erster Linie trifft: Marginalisierte Gruppen wie arme Frauen, afroamerikanische Frauen und Frauen mit Migrationshintergrund, Frauen, die in Abhängigkeit von ihren Partnern leben, Frauen, die Opfer von Belästigung und Gewaltverbrechen werden. Vor allem für sie müssen wir alles daransetzen, einen medizinisch sicheren, niederschwelligen und kostenlosen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen zu schaffen und zwar weltweit.“ **** Evelyn Regner verweist auf die globale Bedeutung der US-Entscheidung: „Was in den USA passiert, ist ein Angriff auf das Recht und das Leben aller Frauen. Als unmittelbare Reaktion müssen wir endlich das Menschenrecht auf Zugang zu Abtreibung in der EU-Grundrechtecharta festschreiben. Denn auch in Europa sind lange erkämpfte Grundrechte ständig bedroht. Schauen wir zum Beispiel nach Polen oder Malta, auch dort maßen sich Politiker an, Frauenkörper per Gesetz kontrollieren zu können. Sie gefährden damit das Leben tausender Frauen, im wahnhaften Glauben Leben zu schützen. Schwangerschaftsabbrüche finden statt, egal ob sie erlaubt sind oder nicht. Und ihre Einschränkung führt nie zu einem Rückgang von Schwangerschaftsabbrüchen, sondern dazu, dass mehr Frauen sterben!“ „Was in den USA nun droht, erinnert an die Anfänge einer misogynen Dystopie, deren Ausmaße man sich bisher nur in TV- und Buchvorlagen auszumalen wagte“, so Regner: „Abtreibungen werden durch das reduzierte Angebot zu einem Luxusgut, das nur für einen kleinen Teil der Gesellschaft zugänglich ist. Das befeuert die soziale Ungerechtigkeit und gesellschaftliche Spaltung in einem Land, in dem die sozialen Unterschiede bereits jetzt weit auseinanderklaffen. Und was wird die konservative Mehrheit am Supreme Court hindern, mit einer ähnlichen Argumentation bald zum Beispiel auch die ebenfalls hart erkämpften Rechte der LGBTIQ-Community ins Visier zu nehmen? Wir müssen uns dem gesellschaftlichen Backlash kompromisslos in den Weg stellen. In den USA, in Europa, auf der ganzen Welt.“
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