Regner: Wirtschafts- und Währungsunion braucht soziale Dimension

 28. Oktober 2015

SPÖ-EU-Delegationsleiterin kritisiert EU-Kommission: „Wettbewerbsfähigkeitsräte gefährden gute Lohnniveaus und Tarifautonomie“

„Die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion muss Hand in Hand gehen mit der Weiterentwicklung der sozialen Dimension der Europäischen Union und kann nicht einseitig auf Wettbewerbsfähigkeit aufbauen“, betont die SPÖ-EU-Delegationsleiterin Evelyn Regner anlässlich der Aussprache heute Nachmittag im EU-Parlament in Straßburg zu den jüngsten Vorschlägen der EU-Kommission. Letzten Mittwoch veröffentliche die EU-Kommission ein Maßnahmenpaket, das unter anderem die Einführung von Wettbewerbsfähigkeitsräten in den Mitgliedstaaten empfiehlt. „Damit sollen die Strukturreformen, die die Kommission den Mitgliedstaaten bereits seit Jahren verordnet, forciert werden. Doch ich sehe hier keinen Mehrwert, sondern im Gegenteil die Gefahr, dass diese Räte lediglich die Kommissionsagenda mit ihrem Wettbewerbsparadigma vorantreiben, in dem etwa Lohnsteigerungen als Wettbewerbshindernis gesehen werden“, kritisiert Regner.

„Im vorliegenden Maßnahmenpaket geht es primär um die Profitsteigerung von Unternehmen. Löhne werden als Kostenfaktor herangezogen und nicht als Einkommen, was für die Binnennachfrage und das Wirtschaftswachstum essentiell ist“, warnt Regner. Die Kommission empfiehlt, Lohnentwicklungen zukünftig von nationalen Ausschüssen auf ihre Wettbewerbsfähigkeit untersuchen zu lassen. „Konkret ist hier zu befürchten, dass dadurch inhaltlicher Einfluss auf die Lohnpolitik genommen wird und die Wettbewerbsfähigkeitsräte die grundrechtlich garantierte Tarifautonomie der Sozialpartner aushebeln könnten. Zwar steht im Kommissionspapier, dass einzelstaatliche Regelungen zur Ausverhandlung von Kollektivverträgen unberührt blieben, doch damit ist die Gefahr, dass stärkerer Druck auf die nationalen Regierungen ausgeübt wird, noch lange nicht vom Tisch“, betont SPÖ-EU-Delegationsleiterin Regner.

Die Europaabgeordnete fordert eine institutionelle Stärkung der Gewerkschaften und eine intensivierte Einbindung der Sozialpartner im Vertiefungsprozess der Wirtschafts- und Währungsunion. „Denn ein entsprechendes Lohnniveau ist essentiell für hohe Nachfrage im EU-Binnenmarkt. Wettbewerbsräte, die den Lohnwettbewerb nach unten vorantreiben, sind daher mehr als fehl am Platz“, so Evelyn Regner.